"Ich begebe mich bewusst in eine Art Schutzlosigkeit"

Den Bachelor in der Tasche und jetzt geht es auf den Jakobsweg. Mady Host hat 2008 genau diese Entscheidung getroffen. Eine Freundin hatte vom Jakobsweg gehört und so entschlossen sie sich für eine Reise, ganz nach dem Motto: “Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt. (Un)Sinn auf dem Jakobsweg” – ein Motto, welches zum Titel ihres ersten Buches wurde, auf das viele weitere Bücher, Artikel, ihr Blog www.mady-host.de und ein Podcast folgten. Ein Gespräch über zu viel Kartenmaterial, bereichernde Begegnungen, Busfahrer in Albanien und Radfahren in Europa.

Mady Host (c) Candy Szengel
Break Away: Warum hast du dich ausgerechnet für den Jakobsweg entschieden?

Mady Host: Ich war schon als Teenager begeisterter Anhänger von Outdooraktivitäten. 2008 hatte ich meinen Bachelor in der Tasche und auch die Pläne für die Zukunft waren gemacht. Also ging es mir nicht um Selbstfindung, sondern bin sehr unbedarft an diese Reise rangegangen. Wir hatten etwas zu viel Kartenmaterial dabei, dass wir dann im Laufe der Reise an verschiedenen Orten zurückgelassen haben.

Break Away: Welche Erfahrungen hast du auf dem Jakobsweg gesammelt?

Mady Host: Viele berichten davon, dass sie sich selbst treffen. Das war bei mir nicht der Fall. Mich hat eher überrascht, wen ich alles getroffen habe. Besonders beeindruckt haben mich drei Damen aus Kanada, die sich mit über 60 auf eine Pilgerreise begaben.

Break Away: Du hast ein Buch über deine Pilgerreise geschrieben. Wie kam diese Entscheidung?

Mady Host: Ich habe die ganze Reise über Notizen gemacht. Als ich wieder daheim war, habe ich diese Notizen in Buchform aufgeschrieben und Freunden zu lesen gegeben. Sie haben mir dann empfohlen einen Verlag zu suchen und so erschien mein Buch “Zwei Mädels. Ein Weg. Ein Zelt. (Un)Sinn auf dem Jakobsweg”.

Break Away:  Du reist „einfach“ – zu Fuß, mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Warum hast du dich für diese Art des Reisens entschieden?

Mady Host: Ich muss nicht bequem reisen. Mit meiner Art des Reisens komme ich viel leichter in Kontakt mit Menschen und mache so viele tolle Bekanntschaften. Man kann sagen, ich begebe mich bewusst in eine Art Schutzlosigkeit.

Break Away: Welche Reiseerfahrung ist dir besonders in Erinnerung geblieben?

Mady während ihrer Albanien-Reise
Mady Host: Auf jeder Reise mache ich tolle Erfahrungen, sowohl lustige als auch bewegende. Im Sommer 2017 war ich, gemeinsam mit einer Freundin, in Albanien unterwegs. Wir wollten dort in einem Nationalpark campen und sind mit Bus dorthin gefahren. Der Busfahrer hat uns aber nicht im Nationalpark rausgelassen, sondern im darauffolgenden Ort, weil er sich nicht vorstellen konnte, dass zwei Frauen allein in einem Nationalpark campen möchten. Wir wollten dann am nächsten Tag per Anhalter zurück in den Nationalpark. Und der Fahrer der uns mitgenommen hat, war lustigerweise der Busfahrer vom vorigen Tag. Diesmal hat er aber verstanden, dass wir wirklich in den Nationalpark wollen.

Break Away: Wie sieht dein Alltag heute aus? Bist du glücklicher?

Mady Host: Ich habe kein klassisches „Reisetief“. Normalerweise freue ich mich sehr auf das Zurückkommen, weil ich dann mit dem Schreiben meiner Artikel und Bücher beginnen kann. Wenn ich unterwegs bin, ist es oftmals ein Projekt und Reisen ist mein Job. Dennoch empfinde ich es auch als Ausstieg, denn ich weiß morgens oft nicht, wo ich abends sein werde und habe das Handy auf Reisen auch weniger in Benutzung. Mein Fokus liegt, neben den Projekten, Notizen, Fotografieren und Filmen, auch mal stärker auf Essen, Schlafen, Radeln und Laufen - das ist dann auch für mich "trotz Dienstreise" ein Ausstieg, denn mein deutscher Alltag ist sehr stark durchterminiert und das ist auf Reisen nicht der Fall.

Break Away: Wie finanzierst du deine Reisen?

Mady Host: Die meisten Kosten entstehen bei An- und Rückreise. Wenn ich dann aber zu Fuß und mit dem Fahrrad unterwegs bin, fallen die Transferkosten weg. Ich gehe auch selten in Restaurants oder Bars, sondern kaufe im Supermarkt die preiswerten Marken. Oft gibt es auch Produkte, die kurz vor dem Ablaufdatum stehen, die dann nochmal günstiger sind. Ich suche mir für meine Reisen auch oft Länder zum Wildzelten aus. Wenn ich in Städten unterwegs bin, miete ich mich in Hostels ein und übernachte in Mehrbettzimmern. Mit Ohropax und Schlafmaske funktioniert das super ;-)

Break Away: Du bist momentan mitten in den Vorbereitungen für dein neues Auslandsprojekt. Wo geht es hin?

Mady Host: Ich werde in wenigen Tagen zu einer Fahrradtour auf die EuroVelo 6 Route aufbrechen. Diese führt von der französischen Atlantikküste 4 500 km bis nach Rumänien. Die Strecke ist sehr gut erschlossen und mich fasziniert der Kontrast zwischen Westen und Osten. Die ersten Wochen werde ich alleine unterwegs sein, danach wird mich eine Kamerafrau begleiten.


Kommentare

  1. Wieder Mal ein sehr schöner Blog zum lesen, so kann der Tag gut beginnen! Weiter so!

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